Gretchenfrage: delegieren oder selber machen?

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Kürzlich trafen wir ein Paar, das ein großes Autohaus mit mehr als 150 Mitarbeitern führt. Die Frau erzählte, dass pro Tag 20-30 Mitarbeiter aller Bereiche bei ihrem Mann, dem Geschäftsführer, ins Büro kommen, um irgendwelche Fragen loszuwerden. Ihr Mann bestätigte das und beklagte, dass er dadurch erst nach Feierabend zu seinen eigentlichen Aufgaben käme. Eine zweite Führungsebene gäbe es zwar, aber die Leute aus fast allen Abteilungen suchten eben den direkten Draht zum Chef.

Die Firma war in den letzten Jahren schnell gewachsen und vielleicht hatten sich die neuen Strukturen einfach noch nicht durchgesetzt. Jedenfalls war klar, dass es so nicht weitergehen konnte, wenn der Chef nicht über kurz oder lang im Burnout landen wollte. Nun ist das sicher ein Einzelfall, aber wir kennen viele solcher Einzelfälle. Was sind die Ursachen?

Fangen wir mal bei der Person der Chefs an. Das wichtigste Hindernis beim Delegieren ist, dass sie Angst vor Kontrollverlust haben. Alles zu wissen und jedes Detail zu kennen ist ihr Credo. Das zweite Hindernis ist der Glaube, dass niemand die Aufgaben so gut erledigen kann wie man selbst. Und das dritte ist der Irrglaube, dass es am schnellsten geht, wenn man die Sache mal eben selbst erledigt, weil es zu lange dauert, die Aufgabe zu erklären und das Ergebnis zu kontrollieren. Der Kern hinter all diesen Gründen ist mangelndes Vertrauen in Fähigkeiten der Mitarbeiter.

Nun stellt sich die Frage, warum es in manchen Betrieben klappt mit dem Delegieren und in andern eben nicht. Das ist zum Schluss eine Kulturfrage. Man kann ganze Belegschaften zur Unselbständigkeit erziehen, indem man jede Eigeninitiative durch Kritik am Arbeitsergebnis erstickt. Dann fragt der Mitarbeiter lieber jedes Mal nach, bevor er sich hinterher anhören muss, was er wieder alles falsch gemacht hat. Das gilt übrigens insbesondere beim Aufbau einer zweiten Führungsebene. Dorthin muss Entscheidungskompetenz unwiderruflich abgegeben werden. Und wenn am Anfang mal eine Entscheidung anders getroffen wird als der Chef es gemacht hätte, kann man darüber reden, aber immer verbunden mit der klaren Anweisung, Entscheidungen weiter selbstständig zu treffen. Damit Delegieren funktioniert, sind Stellenschreibungen erforderlich, die regeln, wer welche Aufgaben und Kompetenzen hat und außerdem eine regelmäßige, vielleicht wöchentliche Rücksprache mit den Führungskräften.

Wer für sich die anfangs geschilderte Situation vermeiden will, sollte früh anfangen, Mitarbeiter zur Eigenverantwortlichkeit zu erziehen. Zum Delegieren gibt es keine Alternative und das Abgeben von Aufgaben hat wertvolle Vorteile. Als Chef könnt Ihr euch auf eure Führungsarbeit konzentrieren, auf Strategie, Personalentwicklung oder Neugeschäft. Eure eigenen Arbeitsergebnisse werden besser, weil Ihr eure Kräfte fokussiert. Die Mitarbeiter wiederum werden das in sie gesetzte Vertrauen in der Regel durch Engagement und Eigenverantwortung danken. Im Ergebnis läuft die ganze Firma besser. Reibungslose Abläufe, zufriedene Kunden, engagierte Mitarbeiter und zufriedener Chef.

Worauf es beim Delegieren ankommt, erfahrt Ihr in dieser Checkliste.

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