Elsbeth & Ansgar Clüsserath

Kategorie Powerpaare

Gegründet im Jahr 1670, befindet sich das Traditionsweingut Ansgar Clüsserath in Trittenheim an der Mosel bis heute im Familienbesitz http://www.ansgar-cluesserath.de. Seit mehr als 45 Jahren leben Elsbeth und Ansgar Clüsserath zusammen und arbeiten gemeinsam im Weingut mit dem Anspruch, Spitzenweine zu produzieren. Wer Ansgar Clüsserath mit seiner unvergleichlichen Dynamik trifft, mag nicht glauben, dass er demnächst 80 Jahre alt wird. Er und seine Frau Elsbeth sind noch jeden Tag aktiv, Inhaberin des Weinguts ist unterdessen Tochter Eva Clüsserath-Wittmann, die den Betrieb gemeinsam mit ihrem Vater leitet. Wie es länger als vier Jahrzehnte geklappt hat, als Unternehmerpaar glücklich und zufrieden zusammenzuleben und wie ein Übergang an die folgende Generation gelingen kann, schildern Elsbeth und Ansgar Clüsserath eindrucksvoll.

Wie hat alles angefangen?
Der Start als Winzer kam für Ansgar Clüsserath plötzlich. Sein Vater verstarb 1964 und der damals 27-jährige hatte über Nacht „alles am Hals“. Es war klar, dass er als ältester Sohn den Betrieb weiterführen würde. Das erwarteten sowohl seine Mutter als auch die vier jüngeren Geschwister. „Das hatte damals auch sein Gutes, niemand hat mir reingeredet, ich konnte schalten und walten wie ich wollte“, sagt Ansgar heute. 1970 übernahm er dann das Weingut von der Erbengemeinschaft, 1973 haben er und Elsbeth geheiratet. Ihre Eltern bestellten im Nebenerwerb ebenfalls einen Weinberg, in dem Tochter Elsbeth als Jugendlich doch nur äußerst ungern half. „Ich habe immer gesagt: ‘Verkauft den Weinberg, ich will mit Weinbau nichts zu tun haben!‘ Aber es sollte anders kommen.“

Was waren Eure größten Herausforderungen?
Zunächst war die Übernahme des Weinguts von der Erbengemeinschaft zu bewältigen. Die zweite Herausforderung bestand für Ansgar und Elsbeth im weiteren Ausbau des Weingutes und die letzte im Generationswechsel und der Übergabe des Betriebes an Tochter Eva Clüsserath-Wittmann (im Bild in der Mitte).

Wie habt Ihr diese Herausforderungen bewältigt?
Bei der Übernahme des Betriebes durch Ansgar mussten die Geschwister ausbezahlt und die Mutter versorgt werden. „Damals hatten Winzerfrauen keine Rente, also musste ich mich als Nachfolger darum kümmern.“ Mit den Geschwistern, die unterdessen teilweise schon mit dem Studium fertig waren, hat sich Ansgar eines Tages zusammengesetzt. „Da wurde alles genau ausgerechnet: der Wert des Weingutes, das, was die Geschwister in ihrer Ausbildung von mir bekommen hatten, der Wert der gelagerten Weine, usw. Am Schluss haben wir uns dann fair geeinigt.“ Bei der jüngsten Schwester musste das Vormundschaftsgericht der Vereinbarung zustimmen, weil sie damals noch nicht volljährig war. Ansgar: „Finanziell war das nur durch einen Kredit zu bewältigen, denn die Geschwister sollten ja über das Geld, das ihnen zustand, auch gleich verfügen können.“

Die zweite Herausforderung war mit viel Arbeit und Investitionen verbunden. Von 1973 bis 1976 haben die Clüsseraths ihre Flächen auf der linken Moselseite komplett neu bepflanzt. Anlass war die Flurbereinigung an der Mosel. Außerdem kauften sie Weinberge dazu, wenn sich die Gelegenheit bot. In den 80ern wurde auf dem Weingut ein Halle gebaut und die Scheune gegenüber zugekauft, 1992 entstand schließlich das Gästehaus. In den 80er Jahren galt es noch, einer besonderen Versuchung zu widerstehen: Nachdem in dieser Zeit fast 70 Prozent der Weine zu guten Preisen in die USA verkauft wurden, boten die Amerikaner an, jedes Jahr die komplette Produktion zu kaufen. Ansgar und Elsbeth entschieden sich dagegen. Sie wollten ihre deutschen Kunden nicht enttäuschen und verlieren.

Bleibt als letztes, wie in vielen anderen Betrieben auch, der Generationswechsel. „Die Eva macht weiter. Darüber freuen wir uns sehr, aber gezwungen hätten wir keine unserer Töchter,“ erzählt Elsbeth. Und es war lange nicht klar, ob eins der Kinder die Nachfolge antreten würde. Als Kind wollten nämlich weder Eva noch ihre Schwester Viola gern im Weinberg helfen. „Ich konnte mir die Eva im Weinberg nie vorstellen. Nach dem Abitur kam ihr dann die Idee, nach Geisenheim zu gehen, um Weinbau zu studieren. Da habe ich erst gedacht, sie macht das nur dem Ansgar zuliebe, aber sie hat sich da komplett gewandelt und ist heute mit Leib und Seele Winzerin.“ Zunächst überließen die Clüsseraths ihrer Tochter die Flächen als Pacht, seit 2014 ist Eva die alleinige Inhaberin des Weinguts Ansgar Clüsserath. Tochter Viola wurde ausbezahlt. Da Evas Lebensmittelpunkt auf dem Weingut ihres Mannes Philipp Wittmann liegt, hat sie für die tägliche Arbeit eine Önologin eingestellt, die je nach Bedarf in beiden Weingütern mithilft und so in Trittenheim Vater Ansgar entlastet. Der betrachtet die Nachfolgelösung als glückliche Fügung.

Was waren Eure größten Erfolge?
Die beiden sind mit Recht stolz auf ihre Aufbauleistung und auf die richtungsweisenden Entscheidungen, die sie in dieser Zeit getroffen haben. Zu nennen sind die Baumaßnahmen zur Erweiterung des Weinguts, der Zukauf von Flächen, der Bau des Gästehauses und die solide Finanzierung dieser Schritte. Aber auch unternehmerische Entscheidungen darüber, welche Sorte Wein produziert werden sollte. Ansgar: „Bei uns fiel sehr früh die Entscheidung gegen Masse und für Qualität und wir waren einer der ersten Betriebe, die damit begonnen haben, die Weine trocken auszubauen. Das war nicht ohne Risiko, man konnte nicht wissen, ob sich dafür eine ausreichende Nachfrage finden würde. Unsere erste trockene Auslese kam schon 1983, da waren wir an der Mosel echt Vorreiter!“

Was ist aus Eurer Sicht ausschlaggebend für ein glückliches und erfolgreiches Leben als Unternehmerpaar?
Einfach sei das nicht, meint Elsbeth, gerade als Winzer mit der Arbeit in Keller und Weinberg, regelmäßigen Verkostungen und Hausgästen. „Da gibt es oft keinen Feierabend und auch kein Wochenende.“ Früher, in den 70ern und 80ern, haben sie dabei dennoch selbst viel Spaß gehabt. Sie waren eben noch jung! Zu ihren großen Verkostungen kamen dann 30-40 Gäste per Bus und es wurde bis in den frühen Morgen gefeiert und probiert. Das brachte Umsatz, war aber auch herausfordernd, denn am nächsten Morgen ging der Betrieb weiter. Heute wäre das beiden zu anstrengend. Schwierig finden sie, dass man auf dem Weingut nie abschaltet und dass die betrieblichen Themen immer im Kopf sind. Elsbeth: „Deswegen war es uns wichtig, jedes Jahr Urlaub zu machen, um mal Abstand zu bekommen. Und wir haben uns auch gegenseitig immer Zeit gegönnt, in der jeder etwas für sich alleine machen konnte.“ Ja, ein gutes Team seien sie schon, sagen die beiden, aber sie sind eben nicht immer einer Meinung. „Wenn man andere Ansichten hat als der Partner, hilft nur reden und Kompromisse machen. Da muss man schon mal nachgeben, auch wenn es schwerfällt“, ergänzt Ansgar. Humor ist wichtig, auch bei schwierigen Themen, meint Elsbeth. „Man muss eben alles unter einen Hut kriegen, immer im Gespräch bleiben und versuchen sich zu einigen. Dann kann das auch über Jahrzehnte funktionieren.“ Einfach sei das jedefalls nicht. Deswegen findet sie, dass alle, die als Unternehmerpaar gemeinsam leben und arbeiten, eigentlich das Bundesverdienstkreuz verdient hätten.

Wie geht es Euch gerade jetzt?
Gut geht es den beiden. Sie sind gesund, alles läuft. Bei Kinder und Enkelkinder gibt es auch keine Sorgen. So könnte es weitergehen. Nächste Woche fahren sie erst einmal in die Schweiz, weil dort das regelmäßige Treffen mit Ansgars Geschwistern stattfindet. Sie verstehen sich nämlich nach wie vor gut.

Weingut Ansgar Clüsserath
Spielesstraße 4
54349 Trittenheim
Telefon +49 (0)6507-2290
Fax +49 (0)6507-6690
weingut@ansgar-cluesserath.de
www.ansgar-cluesserath.de

Gespräch geführt im Mai 2017

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