Vor langer, langer Zeit lebten kleine Leute auf der Erde. Die meisten von ihnen wohnten im Dorf Swabedoo, und nannten sich Swabedoodhahs. Sie waren sehr glücklich und liefen herum mit einem Lächeln bis hinter die Ohren und grüßten jedermann. Was die Swabedoodhahs am meisten liebten, war, einander warme, weiche Fellchen zu schenken. Ein jeder von ihnen trug über seine Schulter einen Beutel, und der Beutel war angefüllt mit weichen Fellchen. So oft sich Swabedoodahs trafen, gab der eine dem anderen ein Fellchen
Es ist sehr schön, einem anderen ein warmes, weiches Fellchen zu schenken. Es sagt dem anderen, das er etwas Besonderes ist, es ist eine Art zu sagen „Ich mag Dich!“ Und ebenso schön ist es, von einem anderen ein solches Fellchen zu bekommen. Du spürst, wie warm und flaumig es an Deinem Gesicht ist, und es ist ein wunderbares Gefühl, wenn du es sanft und leicht zu den anderen in deinen Beutel legst. Du fühlst dich anerkannt und geliebt, wenn jemand dir ein Fellchen schenkt. Die kleinen Leute von Swabedoo gaben und bekamen gern warme, weiche Fellchen, und ihr ganzes Leben war ohne Zweifel sehr glücklich und fröhlich. Außerhalb des Dorfes, in einer kalten dunklen Höhle, wohnte ein großer, grüner Kobold. Eigentlich wollte er gar nicht allein dort draußen wohnen, und manchmal war er sehr einsam. Er hatte schon einige Male am Rande des Dorfes gestanden und sich gewünscht, er könnte mitten unter den fröhlichen Menschen sein – aber er hatte nichts, was er hätte dazu tun können.
Einmal, als er einem kleinen Swabedoodah begegnete, und dieser ihm mit einem Lächeln ein Fellchen schenken wollte, lehnte er dieses ab und beugte sich stattdessen zu ihm herunter und flüsterte: „Du, hör mal, sei nur nicht so großzügig mit deinen Fellchen. Weißt du denn nicht, dass du eines Tages kein Fellchen mehr besitzen wirst, wenn du sie einfach so an jeden verschenkst?“ Dann tappte der Kobold mit seinen großen, grünen Füßen davon und ließ einen verwirrten und unglücklichen Swabedoodah am Waldrand zurück. Er war so unglücklich, dass er überhaupt nicht über das, was er eben gehört hatte, nachdenken konnte. Denn eigentlich besaß jeder Swabedoodah einen unerschöpflichen Vorrat an Fellchen, und wenn er ein Fellchen verschenkte, bekam er sofort von einem anderen eines wieder – ein Leben lang. Auch der Kobold wusste dies, doch er verließ sich auf die Gutgläubigkeit der kleinen Leute. Vor seinem Haus in Swabedoo saß der kleine, verwirrte Swabedoodah und grübelte vor sich hin. Nicht lange, so kam ein guter Bekannter vorbei, mit dem er schon viele warme, weiche Fellchen getauscht hatte. Dieser griff in seinen Beutel und gab dem anderen ein Fellchen. Doch der kleine Mensch nahm es nicht freudig entgegen, sondern wehrte mit den Händen ab. „Nein, nein! Behalte es lieber, wer weiß, wie schnell der Vorrat abnehmen wird!“ Der Freund verstand ihn nicht, zuckte nur mit den Schultern und ging mit seinem Fellchen mit leisem Gruß davon. Aber er nahm den wirren Gedanken mit, und am selben Abend konnte man noch dreimal im Dorf hören, das einer zum anderen sagte:“ Tut mir leid, aber ich habe kein Fellchen für dich, ich muss darauf achten, dass sie mir nicht ausgehen.“ Von da an überlegte sich jeder sehr gut, wann er ein Fellchen verschenkte. Dies kam zwar immer noch mal wieder vor, aber man tat es erst nach langer gründlicher Überlegung und sehr, sehr vorsichtig. Und dann war es meist nicht ein ganz besonders schönes Fellchen, sondern eines mit kleinen Stellen und schon etwas abgenutzt. Man wurde misstrauisch, beobachte sich argwöhnisch. Oben am Waldrand saß der Kobold, beobachte alles und rieb sich die Hände. Das Schlimmste von allem geschah ein wenig später. An der Gesundheit der kleinen Leute begann sich etwas zu ändern. Viele klagten über Schmerzen, und mit der Zeit befiel immer mehr Swabedoodahs eine Krankheit, die sich Rückgraterweichung nannte. Die kleinen Leute liefen gebückt, die Pelzbeutelchen schleiften auf der Erde. Viele glaubten, das Gewicht der Fellchen sei schuld und bald traf man kaum noch einen Swabewoodah mit einem Fellbeutel auf dem Rücken an. Der Kobold kam jetzt häufiger einmal ins Dorf der kleinen Leute. Aber niemand grüßte ihn mehr freundlich, niemand bot ihm ein Fellchen an. Stattdessen wurde er misstrauisch angestarrt, ebenso, wie die kleinen Leute sich untereinander anstarrten. Dem Kobold gefiel das recht gut, für ihn bedeutete dieses Verhalten die „wirkliche Welt“. Es ging den kleinen Leuten immer schlimmer, einige von ihnen starben. Nun war alles Glück aus dem Dorf verschwunden und die Trauer sehr groß. Der grüne Kobold war hiervon erschrocken, dies war es nicht, was er gewollt hatte. Er überlegte, was man machen könne und ihm fiel ein, dass er eine Höhle mit kaltem stacheligem Gestein entdeckt hatte. Er liebte dieses Gestein, das so schön kalt war. Doch jetzt, wo er das Elend der kleinen Leute sah, wollte er diese, seine Steine, nicht mehr länger nur für sich behalten und schenkte sie in kleinen Beutelchen den dankbaren kleinen Leuten. Nur: Wenn sie einem anderen einen kalten, stacheligen Stein gaben, um ihm zu sagen, dass sie ihn mochten, dann war dies kein angenehmes Gefühl. Es machte nicht sehr viel Spaß, diese Steine zu verschenken. Immer hatte man ein eigenartiges Ziehen im Herzen, wenn man so einen Stein bekam. Der Beschenkte war sich nie sicher, was der andere eigentlich damit meinte und oft blieb er mit leicht zerstochenen Fingern zurück. Die grauen stacheligen Steingedanken hatten sich zu fest in den Köpfen der kleinen Leute eingenistet. Man konnte aus den Bemerkungen heraushören: Weiche Fellchen? Was steckt wohl dahinter? Wie kann ich wissen, ob meine Fellchen wirklich erwünscht sind? Ich gab ein warmes Fellchen, dafür bekam ich einen kalten Stein, das soll mir nicht noch einmal passieren. Man weiß nie, woran man ist, heute Fellchen, morgen Steine. Wahrscheinlich wären wohl alle kleinen Leute von Swabedoo gern zurückgekehrt zu dem, was bei ihren Großeltern noch ganz natürlich war. Häufig hatte man nicht einmal einen Stein zum Verschenken bei sich, wenn man einem Freund begegnete. Dann wünschet der kleine Swabedoodah sich im Geheimen und ohne es je laut zu sagen, dass jemand ihm ein warmes, weiches Fellchen schenken möge. In seinen Träumen stellte er sich vor, wie sie sich alle mit lachenden, fröhlichen Gesicht Fellchen verschenkten. Aber wenn er aufwachte, hielt ihn etwas davon ab, es auch wirklich zu tun. Gewöhnlich war es das, dass er hinausging und sah, wie die Welt „wirklich ist“. Das ist der Grund, warum das Verschenken von warmen, weichen Fellchen nur noch selten geschieht, und niemand tut es mehr in aller Öffentlichkeit. Aber es geschieht! – Und hier und dort, immer wieder. Ob du vielleicht auch eines Tages…?
Verfasser unbekannt