Jeder hat seine „Lieblingsantreiber“ und wer sie kennt, kann bei Bedarf auch mal gegensteuern, damit sich die Antreiber nicht negativ in Beruf und Privatleben auswirken. Man kann ein Bewusstsein dafür entwickeln, welche Verhaltensweisen in welchem Maß sinnvoll sind und welche vor allem Stress (bei sich selbst und bei anderen) auslösen. Alte Antreiber-Dynamiken können dann schrittweise durch neues Verhalten ersetzt werden. Das funktioniert mit den sogenannten Erlaubern. Damit können wir Antreibern den Wind aus den Segeln nehmen. Wenn die Antreiber Glaubenssätze sind, die Dein Leben bestimmen wollen, sind die Erlauber entgegengesetzte Glaubenssätze, also quasi das Gegengift. Wir gehen die fünf Antreiber und die dazu gehörenden Erlauber mal im Einzelnen durch.
1. Antreiber: „Sei stark!“
Beschreibung: Menschen mit diesem Antreiber wollen alles alleine schaffen und können schlecht um Hilfe bitten, weil das in ihren Augen zu Abhängigkeit führt. Sie halten ihre Gefühle stets unter Kontrolle und lassen keinen an sich heran, weil sie sich keine Blöße geben wollen. Ihre Lebensgestaltung ist geprägt von Härte und Heldentum: „Ein Indianer kennt keinen Schmerz“.
Das Positive: Sei-stark-Menschen können kurzfristig außerordentliche Leistungen vollbringen. Sie haben einen Sinn für den kraftvollen Umgang mit Aufgaben und genügend Widerstandskraft und Kampfgeist, um Dinge voranzubringen, auch wenn es schwierig ist. Sie sind die idealen Krisenmanager.
Credo: Niemand darf es merken, wenn ich mal schwach oder ratlos bin!
Äußere Kennzeichen: sachliche, rationale Sprache, aufrechter Gang, fester Schritt, Entschlossenheit, Durchsetzungsfähigkeit
Risiko in der Firma: Kollegen oder Mitarbeiter werden sich mit dem „Starken“ entweder anlegen oder sich ihm bedingungslos unterwerfen. Menschen mit dem Sei-Stark-Antreiber gefährden sich selbst, weil sie ständig an ihre körperlichen und psychischen Grenzen gehen. Chefs mit „Sei stark!“-Antreiber haben meist keine Antennen für emotionale Zwischentöne.
Die Erlauber:
Ich bin auch stark, wenn ich Gefühle zeige.
Ich darf offen sein.
Ich kann um Hilfe bitten, ohne mein Gesicht zu verlieren.
Ich darf mich auch im Team gemeinsam mit anderen kraftvoll einsetzen.
2. Antreiber: „Sei perfekt!“
Beschreibung: Menschen mit diesem Antreiber stehen unter dem Druck, alles gründlich zu machen. Sie bemühen sich um Perfektion – ohne Rücksicht auf Zeitaufwand und Kosten. Durch eine fehlerfreie Leistung erhoffen sie sich die Anerkennung, nach der sie sich sehnen. Sie rechtfertigen sich häufig und nehmen mögliche Kritikpunkte und Ergänzungen an ihrer Arbeit vorweg.
Das Positive: Im Perfektionisten schlummern als hilfreiche Tugenden ein Sinn für Genauigkeit und Qualität und das Streben nach Fehlerlosigkeit und Vollkommenheit. Sie sind in der Regel gut organisiert und können leicht komplexe Zusammenhänge durchschauen und managen. Bei der Flugsicherung und im Operationssaal wünscht man sich solche Eigenschaften.
Credo: Ich muss es noch besser machen, ich bin nicht gut genug!
Äußere Kennzeichen: Ernster Blick, aufrechte und starre Körperhaltung. Der Perfektionist neigt zu langen und äußerst detaillierten Arbeitsanweisungen, schickt E-Mails oft an große Empfängerkreise, nimmt mögliche Kritikpunkte an seiner Arbeit gerne vorweg.
Risiko in der Firma: In der Zusammenarbeit entsteht beim Gegenüber leicht der Eindruck, nicht gut genug zu sein: „Was der will, erreiche ich sowieso nie!“. Oft wird deswegen wenig persönlicher Kontakt, wenig Beziehung und Austausch auf Augenhöhe gelebt. Einer perfekten Leistung ist nun einmal nichts hinzuzufügen. Stattdessen stellen sich Respekt und Unterordnung, aber auch Widerspruch und Wettbewerb, Relativieren oder Kritisieren ein, besonders weil der Perfektionist auch zu übertriebener Kontrolle neigt.Die Erlauber:
Gut ist gut genug!
Ich bin gut genug!
Ich bin wertvoll und liebenswert und ich kann auch etwas leisten.
Ich bin vor allem wertvoll durch das, was ich bin.
Ich darf auch Fehler machen und aus ihnen lernen.
3. Antreiber: „Sei gefällig!“ oder „Mach‘ es allen recht!“
Beschreibung: Menschen mit diesem Antreiber fühlen sich dafür verantwortlich, dass andere sich wohlfühlen, fantasieren jedoch häufig nur, was sich der Andere eigentlich wünscht. Sie stellen ihre Bedürfnisse hinten an, richten sich danach, was andere erwarten und kommen dabei selber zu kurz. Sie möchten beliebt sein und haben nicht gelernt, „Nein!“ zu sagen. Gleichzeitig erwarten sie auch von anderen, dass sie Rücksicht auf sie nehmen, ohne dass sie aber ihre eigenen Bedürfnisse und Wünsche klar und deutlich aussprechen.
Das Positive: Eine besondere Fähigkeit des Sei-gefällig-Menschen ist seine soziale Wahrnehmung. Sie ermöglicht es ihm, auf die Bedürfnisse anderer einzugehen. So kann er sehr feinfühlig für Gruppenprozesse, soziale Stimmungen und Reaktionen sein.
Credo: Ich muss alle zufriedenstellen!
Äußere Kennzeichen: Sei-Gefällig-Menschen wirken eher unsicher als freundlich, übernehmen oft Arbeiten von anderen und Verantwortung für viele Gemeinschaftsaufgaben, sind verbindlich, bescheiden, loyal, selbstlos und immer hilfsbereit.
Risiko in der Firma: Menschen mit diesem inneren Antreiber tendieren dazu, Liebe und Wertschätzung von anderen zu „kaufen“ und wollen Zurückweisung um jeden Preis vermeiden. Sie lassen dem Adressaten häufig keinen Spielraum, über Distanz zu entscheiden. Da Bezogenheit angeboten wird, ohne selbst Konturen zu zeigen, kommt es aber selten zu einem echten Kontakt. In Diskussionen lassen sie nur schwer einen Standpunkt erkennen, formulieren stattdessen unscharf, zeigen sich konfliktscheu und suchen Ausflüchte. Eine echte Auseinandersetzung fällt schwer mit ihnen: „Nagele mal einen Pudding an die Wand!“
Die Erlauber:
Meine Bedürfnisse und Wünsche sind ebenso wichtig!
Ich muss nicht bei allen beliebt sein!
Wer „Ja“ sagt, kann auch „Nein“ sagen!
4. Antreiber: „Mach‘ schnell!“
Beschreibung: Der Mach-schnell-Mensch ist nie da, wo er sich gerade befindet, weil er im Dauerlauf durch das Leben eilt. Er ist voller Dynamik und Hektik. Ruhiges und konzentriertes Arbeiten ist ihm kaum möglich. Alles muss rasch und sofort getan werden, möglichst mehrere Dinge gleichzeitig. Kennzeichnend sind Dynamik, Tempo, Arbeiten unter Zeitdruck und Erfolgszwang. Die Zeit reicht nie aus. Seine Unruhe trägt aber meist nicht zu einem effektiven Umgang mit der begrenzten Zeit bei. Ruhe erscheint ihm als Verrat an der Dringlichkeit und Entspannung ist ein verbotener Luxus.
Das Positive: Mach-schnell-Menschen können eine gewisse Zeit lang auf hohem Aktivitätsniveau leistungsfähig bleiben. Und das sogar in höchst komplexen Situationen. Sie entwickeln oft eine gewisse Lust daran, dieses Tempo zu halten und nicht nachzulassen. Solche Menschen wünscht man sich auf der Notfallstation im Krankenhaus oder bei Crashs im EDV-System.
Credo: Ich muss schnell damit fertig werden!
Äußere Kennzeichen: abgehackte Sprechweise, reden ohne Punkt und Komma. Lieblingsbegriffe: „schnell … eben mal … kurz … vorankommen!“. Ungeduldsgesten: Fingertrommeln, Fußwippen, auf die Uhr schauen. Ungeduldig, wenn etwas länger dauert.
Risiko in der Firma: Im Beeil-dich-Modus scheint der Rhythmus zwischen Anspannung und Entspannung gestört. Die Menschen springen von Anspannung zu Anspannung. Das Verhalten löst bei Anderen das Bedürfnis nach Bremsen oder Anhalten aus. Ihnen bleibt bei so viel Aktivität die Luft weg. Irgendwann wenden sie sich ab: „Ich lasse ihn einfach reden (oder machen)…!“ oder man lässt sich selbst von hektischen Verhaltensmustern anstecken, weil man nichts verpassen will.
Die Erlauber:
Ich kann mich entscheiden, ob und wann ich mich beeile!
Ich darf mir die Zeit geben, die ich brauche!
Ich darf meinen Rhythmus und meine Form berücksichtigen!
In der Ruhe liegt die Kraft!
Ruhige Schnelligkeit!
5. Antreiber: „Streng Dich an!“
Beschreibung: Der Streng-Dich-an-Mensch zeichnet sich durch Pflichtbewusstsein, Fleiß und Einsatz aus. Improvisation fällt Ihm schwer. Er steht unter Leistungsdruck. Erfolge, die nicht auf Anstrengungen basieren, sind wertlos. „Was leicht von der Hand geht, ist verdächtig.“ Daher bemüht er sich ständig und erwartet das auch von anderen. Wenn etwas nicht klappt, strengt er sich noch mehr an. Es entsteht eine Atmosphäre von Anstrengung und Erfolgszweifeln. Entspanntes Genießen, auch nach Erfolgen, ist nicht vorgesehen. Er fühlt sich ständig von ernsten Problemen, Schwierigkeiten oder Krisen bedroht. Er lebt in andauernder Angst, dass andere besser sein könnten, und versucht, dem durch noch mehr Anstrengung entgegenzuwirken.
Das Positive: Streng-dich-an-Menschen haben ein erstaunliches Durchhalte- und Beharrungsvermögen. Gerade in Zeiten, in denen alles schnell Ergebnis zeigen soll, können sie mit Beharrlichkeit über längere Zeit für wichtige Dinge sorgen. Sie verfolgen Aufgaben mit Beständigkeit und haben den nötigen Sinn für Gründlichkeit und Ausdauer. Sie stehen für Nachhaltigkeit dort, wo sie gebraucht wird.
Credo: Ich muss mich bemühen, auch wenn ich es nicht schaffe!
Äußere Kennzeichen: Redewendungen wie „Ich müsste es versuchen“, „Das wird schwer!“, „Wenn ich mir Mühe gebe…“. Angespannte Körperhaltung, geballte Fäuste, auf der Stuhlkante sitzen, Stirnrunzeln, verspannte Muskeln am Hals und im Kehlkopfbereich, sodass die Stimme etwas belegt und gequält klingt. Redet viel über Überstunden.
Risiko in der Firma: Menschen mit dem Streng-dich-an-Antreiber wählen häufig den anstrengendsten Lösungsweg. Sie erwarten das gleiche Vorgehen auch von anderen: Schwere und Anstrengung entwickeln geradezu ein Eigenleben. Gesprächspartner oder Mitarbeiter geraten selbst in Anstrengung, reagieren mit Hilfsangeboten oder Ungeduld. Hilfe kann er aber nicht annehmen. Chefs mit „Streng dich an!“-Antreiber werden von Mitarbeitern eher bemitleidet als wirklich respektiert.
Die Erlauber:
Ich darf an der Arbeit auch Spaß haben.
Ich darf etwas mit Gelassenheit tun und vollenden.
Auch wenn es leicht geht, ist es wertvoll.
Ich darf mich immer wieder auch entspannen und Fortschritte genießen.
Ich darf Vereinbarungen über realistische Ziele treffen.