Was heißt denn „Kritik“ eigentlich? Das Wort critique kommt aus dem Französischen und bedeutet im Ursprung so viel wie „Kunst der Beurteilung“. Es ist weder einfach, Kritik zu üben noch fällt es leicht, sie entgegenzunehmen. Ganz gleich, ob es um etwas geht, was uns an unserem Lebenspartner bzw. seinem Verhalten nicht gefällt, oder um etwas, was ein Mitarbeiter falsch gemacht hat, oder ob wir als Unternehmerpaar mit der Reklamation eines unzufriedenen Kunden zu tun haben.
Wie kritisierst Du nun richtig, wenn Du Dich darüber ärgerst, dass Dein Partner wieder einmal die Spülmaschine nicht ausgeräumt hat, der Mitarbeiter drei Mal hintereinander zu spät kommt oder der Kunde trotz mehrfacher Aufforderung nicht zahlt? Da gibt es ein paar hilfreiche Grundsätze.
Die Wortwahl/Sprache:
Mache ganz klare Ich-Aussagen und benenne, was Dich stört bzw. wie Du Dich mit dem Verhalten des anderen fühlst. „Ich ärgere mich, wenn Du nicht wie besprochen die Spülmaschine ausräumst“ ist allemal besser als ein „Nie räumst Du die Spülmaschine aus, auf Dich ist mal wieder kein Verlass.“ Merkt Ihr schon beim Lesen bei welcher Art der Ansprache Ihr sofort innerlich dicht macht? Um also zu verhindern, dass der Kritisierte eine Wand aufbaut, sich zurückzieht und vor der Kritik verschließt, solltest Du darüber hinaus ruhig und gelassen bleiben, auf eine aggressionsfreie Sprache achten und unbedingt auf Ironie oder Sarkasmus verzichten. Denn das führt garantiert zu Missverständnissen und sehr heftigen Gegenreaktionen.
Trennen zwischen Verhalten und Person:
Ein wichtiger Grundsatz lautet bei Kritik oder Feedback zwischen dem Verhalten und Person strikt zu trennen. Folgt der Leitschnur: Klar in der Sache (Verhalten) und stets wertschätzend zur Person. „Ich schätze Dich als Mitarbeiter sehr, aber wenn Du in der Woche drei Mal hintereinander zu spät kommst, ärgert mich das sehr“, ist einem „Du bis drei Mal zu spät, was bist Du für eine Schlafmütze, so geht das auf keinen Fall weiter. Noch einmal und ich kündige Dir“, natürlich vorzuziehen.
Objektivität:
Führe in Deiner Kritik objektiv messbare Punkte an und begründe sie mit Kriterien, die nachvollziehbar sind und sich an den zwischen Euch gelten Absprachen/Regeln orientieren.
Gut verpacken:
Jeder versucht in der Regel sein Bestes zu geben. Wenn also zum Beispiel ein Mitarbeiter bei einem Auftrag ein gutes Resultat erzielt hat, aber viel länger als veranschlagt gebraucht, überdies zu viel Material verbraucht hat und der Auftrag damit unrentabel geworden ist, gilt es, die berechtigte Kritik am zu hohen Aufwand gut zu verpacken.
Das geht mit der Sandwich-Methode: Lob – Kritik – Lob. Es ist ja nicht wirklich alles schlecht an dem, was der Mitarbeiter gemacht hat. Hebe zuerst die positive Seite hervor und komme dann zu Deinem Kritikpunkt; wenn es dir möglich ist, schließe noch mal mit einem positiven Aspekt ab. So lässt sich die Kritik besser annehmen, der Kritisierte fühlt sich nicht nur kritisiert.
Ein Beispiel: „Max, das Resultat Deiner Arbeit bei dem Auftrag ist wirklich ganz toll. Da wird der Kunde hoch zufrieden sein. Vielen Dank dafür! Ich würde in dem Zusammenhang gerne mit Dir besprechen, warum Du statt der veranschlagten 15 Stunden 27 Stunden gebraucht und 25 % mehr Material als kalkuliert eingesetzt hast, weil der Auftrag für uns dadurch unrentabel geworden ist. Ist das o.k.? Und für Dein Engagement bei dem Job danke ich Dir ausdrücklich. Das war echt vorbildlich.“
Nach der Erklärung des Mitarbeiters zeige ihm Verbesserungsmöglichkeiten: Biete konkrete Vorschläge an, was du anders gemacht hättest oder was der Kritisierte verbessern kann.
Gerade das letzte Beispiel verdeutlicht den Unterschied zwischen Kritik und Feedback. Kritik kommt meist bewertend und Konsequenzen darstellend daher. Sie ist mit Anweisungen für eine Verhaltensänderung verknüpft. „Max, dass Du bei dem Auftrag 12 Stunden länger gebraucht hast als kalkuliert und außerdem das ganze Material verpulvert hast, geht gar nicht. Der Auftrag rechnet sich schon mal nicht. Das geht so nicht weiter!“
Feedback hingegen ist in seiner Aussage beschreibend und die Wirkung aufzeigend, hat eine ganz klare subjektive Aussage, gibt im Dialog Anregungen/Wünsche für künftige Fälle und lässt dem Gesprächspartner so einen Freiraum. Deswegen ist Feedback wertvoller und zielführender ist als Kritik.
Also, wenn es um Feedback geht, gleich ob in der Beziehung zum Partner oder bei der Mitarbeiterführung: Klar in der Sache, wertschätzend zur Person, Ich-Botschaft, immer unter vier Augen, zeitnah zum Anlass der Kritik und mit der Chance auf bilateralen (also beidseitigen) Meinungsaustausch.
Wie Menschen auf Feedback reagieren lest Ihr in unserer Liste „5 Kritik-Reaktionstypen“ hier und unsere Liste „Auf Kritik souverän reagieren“ liefert Euch hier 9 Tipps für den Fall, dass ihr selber kritisiert werdet.